„Die Stadtgeschichte Knuffingens – das Leben eines malerischen Städtchens über mehrere Jahrhunderte“ (Teil 4 von 16)
Im Herbst 1730 zieht sich Großherzog Frederik Löwenstein II überraschend aus seinen Geschäften zurück und überlässt somit seinem Bruder Gerrit Löwenstein I seinen Posten.
Durch die Fertigstellung der Knuffinger Kirche im Jahre 1730 wuchs das Ansehen der Region weiter, und bereits im Folgejahr konnte sich Knuffingen über seine Stadternennung freuen; denn die einstig bäuerliche Bevölkerung hatte sich inzwischen zu einem bürgerlichen Dasein gemausert. Dieses Dasein wollte gut organisiert sein, von daher ernannte der frisch gebackene neue Großherzog feierlich den ersten Bürgermeister der Stadt, seinen langjährigen treuen Weggefährten Stephan Hertzenburg. Stephan Hertzenburg, der Sohn eines im weit entfernten Hamburg lebenden und wohlhabenden Kaufmannes, war schon lange Zeit ein enger Vertrauter der Löwensteins. Durch ihn sollte Knuffingen nicht nur ein schönes Fleckchen Erde inmitten des Wunderländischen Hochgebirges, sondern auch ein zentraler Umschlagsplatz für die Güter aus der Region werden. Schon lange boten Reisende und Händler, hauptsächlich aus Oberwassen und Bad Klosterberg, ihre Waren an die Knuffinger Bevölkerung an; immer in der Hoffnung, den einen oder anderen Taler ergattern zu können. Durch die leider noch herrschende Dezentralisierung des Handels, waren die Türen für einen offenen Markt leider noch verschlossen – also bekam Knuffingen 1732 seinen Marktplatz, welcher im großen Stil dazu beitrug, das Knuffinger Handwerk in der ganzen Region namhaft zu machen.
1732 wurde zugleich das prächtige Knuffinger Rathaus errichtet. Der Wunschkandidat Paul von Preisser war nach dem Bau der Kirche jedoch direkt beim Kaiser tätig, also bekam der bisher unbekannte Architekt Erhard Baltruschenberg seine Chance dem Großherzog und der Stadt Knuffingen sein Können zu präsentieren. Baltruschenberg, nur bekannt dafür im weit entfernten Hermannsdorf die Stallungen für die fürstlichen Pferde errichtet zu haben, hatte ebenfalls die Gelegenheit mit dem Ingenieur Klaus von Vollemer dieses Werk anzugehen. Geprägt von der frühen Renaissance, stand das Rathaus um 1737 fertig – allerdings nicht ohne Probleme. Durch einen Brand auf der Baustelle, des fast fertig gestellten Bauwerks im Jahre 1735, wurde die rechte Hälfte des Rathauses komplett zerstört – durch ein schnelles eingreifen der Bevölkerung konnte der Brand jedoch, mit der Hilfe von vielen Eimern und einer Menschenkette zum Eile-Seitenkanal, schnell wieder unter Kontrolle gebracht werden. Durch die Fertigstellung des Rathauses setzte Knuffingen einen Meilenstein in seiner Stadtgeschichte. Zusammen mit der Residenz des Großherzogs symbolisierte das Rathaus fortan den Hauptsitz der Region.
Die reichhaltigen Erzvorkommen im Nordosten der Stadt erwiesen sich des weiteren als absoluter Exportschlager, und der Handel boomte. Bereits 1740 wurden die Wege in der Gegend optimiert, welches die Beförderung der Güter beschleunigte. 1740 war auch in anderer Hinsicht ein ereignisreiches Jahr für Knuffingen. Auf Wunsch, und durch die Initiative des Großherzogs, gründete der ortsansässige Kaufmann Burkhard Gastons die wohl erfolgreichste Knuffinger Tradition: Die Brauerei des Knuffinger Urbräus. Nahe am Schloss und Steinbruch gelegen, versorgte die Brauerei traditionsgemäß, auch bis heute noch, den Hof des Knuffinger Großherzog mit dem allseits beliebten Urbräu. Burkhard Gastons, der alle male sein Handwerk beherrschte schuf mit seiner Initiative zur Tradition, ein wahres Stück Knuffingen, welches bis heute noch in alle Welt exportiert wird.