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Die Eisenbahn (1885 – 1914)

„Die Stadtgeschichte Knuffingens – das Leben eines malerischen Städtchens über mehrere Jahrhunderte“ (Teil 7 von 16)

Erst Ende des 19. Jahrhunderts kam es in Knuffingen zum Eisenbahnbau. Lange stritt man von auf Landesebene darüber ob die Nord-Südverbindung aus dem Ruhrgebiet durch das Tal in welches Knuffingen auch liegt, trassiert oder doch eine andere Trassierung die weitaus kürzer war. Doch die Bürger von Knuffingen und auch die Stadtväter wollten Anschluss an die große weite Welt und erhofften sich auch einen wirtschaftlichen Aufschwung, der aufkam überall wo die Eisenbahn verlief. Güter konnten schneller transportiert und Personen kamen schneller an ihr Ziel.

Um ihre Ziele durchzusetzen, wurde eigens ein eigenes Komitee gegründet; die KEG (Knuffinger Eisenbahn-Gesellschaft). Ihr Vorsitzender, Freiherr Frederik von Braun, führte das Komitee mit sehr viel Ehrgeiz und Optimismus. Dies wurde im Jahre 1885 belohnt, wo der erste Spatenstich für die Trassierung für die Strecke gelegt wurde. Vorgesehen war eine vorerst eingleisige Trassierung aus dem Ruhrgebiet mit einem Haltepunkt in Knuffingen mit weiterem Verlauf in Richtung Oberwassen. Für den Eisenbahnbau wurden viele Arbeiter benötigt. Nicht alle kamen aus Knuffingen und Umgebung. Aus vielen anderen Teilen des Landes kamen Arbeiter was auch so manchen Unmut aus der Knuffinger Bevölkerung hervorbrachte. Für sie waren die vielen Tausend Arbeiter Menschen 2. bis 3. Klasse den man so gut wie kein Vertrauen entgegenwirkte. Auch kam es zeitweise zu Unruhen aufgrund von der Lohnfrage. Anstatt der versprochenen 14 – 15 Silbergroschen und vier Pfennige bekam jeder Arbeiter grade mal 11 Silbergroschen zugesprochen. Daraufhin legten am Folgetag, dem 5. August 1889, die Arbeiter ihre Arbeit nieder und verweigerten auch ihren Lohn. Der Verantwortliche Amtsmann Hertzensberg stellte sich der aufgebrachten Menge entgegen um ihre Beschwerden sich anzuhören. Währenddessen wurden weitere Schächte mit Arbeitern aufgelöst die allesamt in Richtung Knuffingen mit Knüppeln und Schüppen zogen. Insgesamt 500 Mann beteiligten sich an dem Aufstand, der nur mithilfe der Kompanie Knuffingen friedlich beendet werden konnte. Hertzensberg versprach den Arbeitern den zu zahlenden Lohn von 14 – 15 Silbergroschen. Danach verlief der Bahnbau bis zur Eröffnung im Jahre 1891 weitgehend ruhig.

Am 1. März 1891 war es dann soweit: der erste Zug fuhr in der neuen Station Knuffingen ein. Die ganze Bevölkerung Knuffingens war auf den Beinen und die Stadt war mit Girlanden und Bändern geschmückt. Das Empfangsgebäude hatte zur damaligen Zeit längst noch nicht die Ausmaße wie heute. Es war vorerst ein zweistöckiges Gebäude mit angebautem Güterbereich zur Verladung und Entgegennahme von Waren und Stückgut. Darüber hinaus befand sich eine Wohnung für den Bahnhofswärter im 1. Stock und im Erdgeschoss neben einem Wartesaal für die 1. Klasse und einem kleineren Warteraum für die 2. Klasse, noch ein Billetschalter. Aufgrund der Tunnelarbeiten hinter Knuffingen ins Gebirge verzögerte sich der dortige Weiterfahrt um mehrere Monate.
Als dann der Streckenabschnitt Knuffingen – Oberwassen eröffnet wurde, stieg der Personen- und Güterverkehr an, so dass die vorhandenen Gleisanlagen erweitert werden mussten.

Beim Ausbau der Eisenbahn bot sich auch eine Stichstrecke um den Stadtkern an. Die Wahl des Streckenverlaufs war auch nicht sonderlich schwierig – die abgebauten Schluchten des alten Steinbruchs Hartenstein boten sich für die Trasse der Strecke förmlich an. Die Strecke wurde angelegt und mit zwei Haltepunkten versehen. Ursprünglich sollte die Strecke direkt an die Hauptgleise anschließen, doch im Rahmen der Erweiterung legte man die Gleise vor das Empfangsgebäude und ließ sie erst in Richtung Gebirge an die Hauptstrecke anschließen. Um den Personenverkehr und den Fuhrwerken weiterhin einen gefahrlose Überquerung der Gleise zu gewährleisten wurde schon früh an einen Bau einer Brücke über die Gleisanlagen nachgedacht. Der Baumeister Gaston von Burkhard entwarf eine, für damalige Zeiten moderne Stahlkonstruktion die mit Nieten verschweißt wurde. In gleicher Form wurde die Brücke, die über die Nesse führt, gebaut. Um die Versorgung der Dampflokomotiven zu gewährleisten wurde daneben auf der gegenüberliegenden Seite der Gleisanlagen ein Betriebswerk mit X-ständigen Lokschuppen, Kohlebeladung und Versorgungskran errichtet. Auch wurde die bisherige Güterverladung mit einem großem Güterschuppen auf jene Seite verlegt. Auch die in Knuffingen ansässige Industrie verlangte nach einem eigenen Gleisanschluss, allen voran die Brauerei „Knuffinger Urbräu“. Für sie war der Transport wirtschaftlicher und schneller als der bisherige Weg über Wasser.

Auch das Empfangsgebäude schien nicht mehr als genügend repräsentativ. Auf der Suche nach einem imposanten Bau, entschied man sich für einen ähnlichen Bau des Bahnhofs „Neustadt a. d. W.“ – welche die Baumeister Herrmann Pola und Fritz Faller geplant und erbaut hatten. Die beiden waren bereit für Knuffingen ein ebensolches repräsentatives Empfangsgebäude im barock-klassizistischen Stil zu planen und zu errichten. Nach 2 Jahren Bauzeit konnte es feierlich im Jahre 1902 eröffnet werden. Neben den Reisenden, die die Bahn als Transportmittel nutzten um zur Arbeit oder schnell von A nach B zu kommen, nutzten immer mehr Sommerfrischler dieses neue Verkehrsmittel. Gerade Knuffingen mit seiner gewachsenen Innenstadt und vor allen Dingen mit dem historischen Schloss und den Parkanlagen war die Attraktion der Besucher, die nun massenhaft mit der Bahn anreisten.

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